In Holland geehrt: auf diese Auszeichnung ist Bremer stolz Foto: jt
LANGEN jt ∙ „Wenn wir im Sommer mal nach Holland gehn …“ Wie in diesem alten Kinderlied reiste Henry Bremer in das Land der Meisjes, um in Eelde das Internationale Holzschuhmuseum zu besuchen. Dort befindet sich die größte Holzschuhsammlung der Welt, wo Holzschuhe zum Leben erwachen. Der 82-Jährige Langener ist der wahrscheinlich letzte Holzschuhmacher. So war sein Besuch dort von besonderem Interesse. „Es war reiner Zufall, dass wir dahingegangen sind“, erzählt Henry Bremer.
Seit über 30 Jahren stellt der pensionierte Kfz-Meister die Klompen zum Tragen per Hand her. Ein einziger Holzklotz aus leichtem Holz, meist Pappel, wird auf der selbst gebauten Werkbank in seinem Keller so lange bearbeitet, bis der Holzschuh fertig ist. Schablonen gibt’s nicht. Die sorgfältig gearbeitete Innenform entspricht höchster Qualität. Als Werkzeug benutzt er ein Pfahlmesser, das schon über 100 Jahre alt ist. „Das habe ich bei einem alten Holzschuhmacher in Nordrhein-Westfalen aufgetrieben. Weil er es nicht hergeben wollte, musste ich etwas hartnäckig sein, aber irgendwann hatte ich das Ding in der Hand.“
„Bei Ihnen in Deutschland gibt es doch auch einen Holzschuhmacher?“, fragte man mich im Museum. „Ja, mit dem sprechen sie gerade“, war meine Antwort. „So kurios lernte ich die Holländer kennen,“ erzählt der Klompemaker noch ganz erfüllt von dem Erlebten. Diese Episode führte dazu, dass ihm, kaum wieder zu Hause, eine Einladung ins Haus flatterte.
Um die alte Tradition und das Handwerk wieder aufleben zu lassen, findet einmal im Jahr die Veranstaltung „European Wooden Shoes Foundation“ statt. „Am 6. und 7. September 2014 in Eelde, unterhalb Groningens war ich zum ersten Mal dort.“ Die Einladung war für ihn schon etwas Besonderes und auch ein bisschen aufregend. „Ich wusste nicht, was mich erwartet. Holland ist ja das Ursprungsland der Holzschuhe – Ich dachte bloß, hoffentlich kommst du da mit“, erzählt Henry Bremer.
Etwa 21 Holzschuhmacher aus ganz Europa, die die Holzschuhe noch in Handarbeit herstellen, waren der Einladung gefolgt. Die meisten Teilnehmer kamen aus Holland, aber auch aus Frankreich, Belgien und Deutschland. „Da war ich der Einzige. Wir wurden ganz toll aufgenommen und sofort integriert. Das hatte ich gar nicht erwartet, ich dachte sie sind verhalten. Die Holländer haben die Hotels bezahlt, Essen und Trinken. Alles, was ich zum Arbeiten brauche, habe ich mitgenommen. Ich habe bei den anderen Holzschuhmachern geguckt, wie die arbeiten. Die haben mir aber auch über die Schulter geguckt. Eigentlich machen sie es genauso wie ich.
Nur die Handgriffe, mit den Werkzeugen zu arbeiten, differenzieren von Fall zu Fall. Der eine hatte einen ganzen Baum mitgeschleppt. Davon wurden Stücke abgesägt. Jeder bekam eine Baumscheibe in Höhe von 30 Zentimetern. Mit diesem Rohholz begann dann unsere Arbeit.
Im Groben hatten die anderen die gleichen Werkzeuge wie ich. Kritische Augen vieler Holländer verfolgten unser Schaffen. Sie bekamen einen Eindruck, wie die Holzschuhe früher hergestellt wurden. Sämtliche Schulkinder waren zusammengetrommelt, um kleine Holzschuhe auszumalen. Natürlich waren die Holländer superneugierig auf mein Werkzeug und meine Arbeitsweise. Während der Arbeit wurden wir gut versorgt. Der Kontakt war so prima, dass ich einige Freundschaften geschlossen habe. Sprachlich, auch mit der plattdeutschen Sprache, kam ich gut zurecht und wusste intuitiv, was gemeint war. Von einem Holländer bekam ich sogar zur Erinnerung selbst angefertigte Mini-Holzschuhe geschenkt.“
Nach getaner Arbeit war Bremer gespannt, ob er in die Holzschuhgilde aufgenommen wurde. „Du gehörst dazu!“ war die einhellige Antwort. Das war natürlich ein Grund zum Feiern. Vor dem Klompenmuseum wurde am Samstag ein Riesen-Barbecue veranstaltet. Die Ehrung am Sonntag war dann der Höhepunkt für den Langener Holzschuhmacher. Der Organisator sprach sie aus für „Ole Ambachten“ – auf Deutsch das Ausführen des Alten Handwerks. „Seitdem werde ich immer von den Holländern eingeladen. Die machen da gewaltig was her. Seit Corona ist leider Sendepause“, bedauert Henry Bremer.
Auf eines kann Henry Bremer mit Fug und Recht stolz sein: als einziger deutscher Holzschuhmacher in die holländische Gilde der Holzschuhmacher aufgenommen worden zu sein. „Als Dankeschön und zur Freude der Holländer habe ich dem Museum meine getragenen ‚Hadeler Holzschuhe‘ geschenkt. Sie sind heute in Eelde im Museum ausgestellt“, sagt Bremer.
Es gibt im Museum auch Peerholschen – Pferdeholzschuhe, die geholfen haben, dass Pferde im Moor nicht zu tief einsinken. Getragen werden Holzschuhe nicht nur in Holland. Auch in Norddeutschland sieht man sie noch. Zum Beispiel als Gartenschuhe bieten sie dem Fuß Schutz vor Verletzungen. Im Brauchtum finden die Klompen ebenfalls Verwendung – bei Trachtengruppen. Denn schließlich heißt es im Refrain des anfangs erwähnten Kinderliedes: „Und da sollt’ man meinen, Holzschuh an den Beinen, tanzen sie zu jeder Zeit den Holzschuhtanz.“