Bischof Dr. Heiner Wilmer besuchte am Donnerstag die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem zum Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht vor 85 Jahren Foto: DBK/Elpers
HILDESHEIM/ISRAEL re ∙ Kurzfristig ist der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax, der Hildesheimer Diözesanbischof Dr. Heiner Wilmer SCJ, am Mittwoch im Heiligen Land eingetroffen. Bis zum Wochenende wird er dort mit Vertretern insbesondere der katholischen Kirche sowie weiterer christlicher Kirchen, von Judentum und Islam zusammenkommen. Eine besondere Bedeutung misst der Bischof der Begegnung mit dem Patriarchen der Lateinischen Kirche, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, zu. Politische Gespräche und Treffen mit Religionsvertretern fanden in Jerusalem, Tel Aviv und Tabgha am See Genezareth statt.
Mit seiner Reise in das Heilige Land wollte Bischof Wilmer ein Zeichen setzen: „Mir geht es um Solidarität mit allen Menschen im Heiligen Land, mit Israelis und Palästinensern, mit Juden, Muslimen und Christen. Gedenken und Solidarität der Kirche in Deutschland gelten vor allem den Opfern. Den Opfern des menschenverachtenden Terroranschlags der Hamas. Den Geiseln, die verschleppt wurden, und den Angehörigen, die um sie bangen. Und ebenso der Zivilbevölkerung im Gazastreifen, die unter der militärischen Auseinandersetzung furchtbar leidet und den Verlust vieler Menschenleben zu beklagen hat.“
Bischof Wilmer betonte, dass er mit seinem Besuch alle Gutwilligen ermutigen wolle, an der Hoffnung eines friedlichen Zusammenlebens von Israelis und Palästinensern festzuhalten: „Wir stehen an der Seite der Menschen, die den Frieden wollen.“ Besondere Verantwortung sieht der Bischof bei den Religionen: „Ich hoffe, bei meinen anstehenden Gesprächen auch die Frage nach der Rolle und Verantwortung der Religionsgemeinschaften zur Überwindung der Gewalt sowie für einen nachhaltigen Frieden in der Region stellen zu können. Und ich bin überzeugt, dass die kleine christliche Minderheit in Israel und Palästina schon bisher einen wichtigen Beitrag für das friedliche Miteinander geleistet hat und auch künftig eine wichtige Rolle spielen kann“, sagte Wilmer zu Beginn seiner Reise.
Der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax stellte nach seiner Ankunft in Tel Aviv klar, dass er sich nicht „als eine Art Politiker“ sieht. „Ich habe keine naseweisen Vorschläge zur Überwindung des jahrzehntelangen Konflikts im Gepäck. Aber ich bin überzeugt, dass eine gesicherte Staatlichkeit Israels und eine gesicherte Staatlichkeit Palästinas die Grundlage eines künftigen Friedens sein müssen.“
Im Mittelpunkt des Donnerstags stand für Bischof Wilmer das Gedenken an die Reichspogromnacht vor 85 Jahren. In der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem gedachte er der Opfer der Shoah und betete für die Opfer von Verfolgung und Antisemitismus. Am Rande des Gedenkens in Yad Vashem warnte Bischof Wilmer vor den vielfältigen Gesichtern des Antisemitismus dieser Tage. „Die Existenz des Staates Israel wird mit brutaler Gewalt infrage gestellt. Juden in aller Welt sehen sich Bedrohung und Diskriminierung ausgesetzt. Besonders schmerzt mich, dass dies auch in Deutschland der Fall ist. Erneut werden Juden zur Projektionsfläche für tiefliegende Probleme. Der dunklen Versuchung, ihnen die Schuld zu geben, für Dinge, die nicht in ihrer Verantwortung liegen, können allzu viele nicht widerstehen“, so Bischof Wilmer.
Er forderte dazu auf, sich ehrlich zu machen und Lügen sowie falschen Zuschreibungen entgegenzutreten. „Zur notwendigen Ehrlichkeit, die heute von uns gefordert ist, gehört auch, sich daran zu erinnern, dass auch die Kirche allzu lange antijüdische Sichtweisen gefördert hat. Diese Erinnerung hilft uns, nicht nachzulassen in unserer praktischen Solidarität. Es liegt an uns, dem Antisemitismus entgegenzutreten und die jüdischen Geschwister nicht alleinzulassen. Zuschauen – sei es auch aus eigener Angst, Uninformiertheit oder gleichgültigem Desinteresse – ist keine Option. Denn: Hass und Diskriminierung treffen die Humanität unserer Gesellschaft ins Mark.“